Abschied, Rückkehr und die Kraft der Liebe. Der Zentralfriedhof in Stettin

Im Juli 1940 verbrachte die Familie Riess aus Stettin mit ihren vier Söhnen Sommerferien in Ahlbeck, am Meer. Ein Fotograf machte ein Foto von den Kindern – es sollte ein Geburtstagsgeschenk für den Vater, Walter Riess, sein. Doch dieser erkrankte schwer, kehrte früher nach Stettin zurück und starb vier Tage vor seinem 44. Geburtstag bevor das Foto ihn erreichen konnte… Die Ehefrau Erna entschloss sich, den Bau einer Skulptur in Auftrag zu geben, die dem Foto nachgebildet sein sollte. Diese wurde dann auf dem Grabstein Walters aufgestellt – als Zeichen von Liebe und Schmerz.[1] Doch nach 1945 wurden die Köpfe der Figuren auf dem Grabstein zerschlagen… So etwas passierte mit vielen deutschen Grabsteinen damals, direkt nach dem Krieg, in einer Zeit, in der die Verbrechen der Nationalsozialisten noch zum Greifen nahe waren. Seit einigen Jahrzehnten sind die Köpfe wieder ganz – und die Liebe war auch diesmal wieder am Wirken. Doch dazu komme ich noch.

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Wege von Berlin nach Stettin. Begegnung mit dem Verein Städtepartner Stettin e.V.

Es ist Spätsommer, die Sonne scheint, der Kaffee duftet, die Möwen schreien, die Tauben turteln, einen schönen guten Morgen, was gibt es Spannendes in Stettin? Natürlich eine ganze Menge. Gott sei Dank gibt es aber vor allem die unsterbliche Tageszeitung Kurier Szczeciński, und das seit 1945. Hier erfahre ich alles. Der Unabhängigkeitstag der Ukraine und ein wichtiges Solidarność-Jubiläum, nämlich der 45. Jahrestag der Unterzeichnung des so genannten August-Abkommens in Danzig und Stettin [1], werden gefeiert. (Ja, Stettin hat in der Solidarność-Bewegung eine bedeutende Rolle gespielt.) Es wird des 86. Jahrestages des Ausbruchs des Zweiten Weltkrieges gedacht. Erinnert und gefeiert wird auch die Eröffnung vieler polnischer Schulen vor 80 Jahren in Szczecin. Plakate am Lyzeum Nr. 1 kündigen es an – dort wird das Jubiläum besonders feierlich begangen. Es wird auch der ersten Direktorin und Initiatorin der Schule, Janina Szczerska, gedacht, die allerdings für die Trennung der Bildung nach Geschlechtern war. Das Lyzeum Nr. 1 war zunächst also nur eine Mädchenschule, mein Lyzeum Nr. 2 (1946 eröffnet) eine Jungenschule.

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80. Geburtstag von Stettin, Teil 1: Stadtbibliothek, Friedhof, Dezember 1970 und Straßenbahn nach Swinemünde

Ein Geburtstagsfest steht bevor, ein schönes Jubiläum – und große Feierlichkeiten. Vor 80 Jahren wurde Stettin am 5. Juli 1945 nach einigem dramatischen Hin- und Her von der polnischen Verwaltung übernommen und der erste Präsident der Stadt Piotr Zaremba konnte sein Amt antreten. Zuvor, am 26. April 1945, war die Stadt von sowjetischen Truppen besetzt worden. Auf der Potsdamer Konferenz wurde beschlossen, Stettin sozusagen als „Entschädigung“ für den Verlust der polnischen Ostgebiete an Polen anzugliedern. Eine für viele Deutsche tragische Konsequenz des von Hitler-Deutschland entfachten Zweiten Weltkrieges. Seitdem gehört meine Heimatstadt auf beiden Seiten der Oder zu Polen, auch wenn man sich lange Zeit nicht sicher war, ob es auch wirklich so bleibt. Im Jahr 1950 wurde die deutsch-polnische Grenze von der DDR anerkannt, 1970 auch von der Bundesrepublik, allerdings mit dem Vorbehalt einer Friedensregelung. Die endgültige Bestätigung der Grenze erfolgte erst mit dem deutsch-polnischen Grenzvertrag im Jahr 1990. Die Zugehörigkeit Stettins zu Polen war also lange Zeit nichts, dessen sich das Land sicher sein konnte. Es war vielleicht nicht ganz klar, ob es sich lohnt, in diese Stadt auch wirklich zu investieren, sie wirklich zu integrieren…

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